Kraftvolles Teamgefühl – wie geht das in der digitalen Arbeit?
Die flexiblen Strukturen der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt bringen viele erwünschte Freiheiten mit sich: Wo, wann und wie wir arbeiten wird weit mehr freigestellt, als es in der traditionellen Bürokultur üblich ist. Doch trotz aller Vorteile erschwert die (rein) digitale Arbeitswelt wichtige Elemente der Zwischenmenschlichkeit, die laut des New-Work Ansatz elementar für eine produktive und harmonische Zusammenarbeit sind.
Kurz und knapp gesagt: Wir arbeiten logischerweise lieber – und somit auch besser – , wenn wir uns mit unserem Team verbunden fühlen, unseren Teamkolleg:innen vertrauen und sowohl über Erfolge als auch Konflikte offen sprechen können.
Aber wie lässt sich eine solche Verbundenheit aufbauen – und beibehalten -, wenn gemeinsame Mittagessen, spontane Kaffeepausen oder ungeplante, informelle Gespräche auf dem Flur wegfallen? Wie kann über die eigene und die Team-Stimmung gesprochen werden, wenn primär asynchron gearbeitet wird und Videocalls zwangsweise eine gewisse Distanz schaffen?
+ Das gemeinsame Ziel
Was wollen wir gemeinsam erreichen und wie trage ich am Besten dazu bei?
Ein Wir-Gefühl oder eine Verbundenheit entsteht dann, wenn alle Mitglieder einer Gruppe ein gemeinsames Ziel haben. Als eine Gemeinschaft arbeitet es sich produktiver, leichter und besser: Teamwork weckt die Innovationskraft und Kreativität, Zusammengehörigkeit geht mit gegenseitiger Wertschätzung und Rückhalt einher.
Das gemeinsame Ziel regelmäßig ins Bewusstsein zurufen ist für ein starkes Wir-Gefühl also von großer Bedeutung. Insbesondere im digitalen Raum, wo jeder eigenständig von „wo auch immer“ arbeitet.
Doch neben der konstanten Reflektion „was man erreichen will“, spielt auch das „Wie“ eine zentrale Rolle: Damit ich mich einem ‚Wir‘ wirklich zugehörig fühle, ist es unabdingbar, dass die Arbeitsweise, mit der das gemeinsame Ziel erreicht werden soll, zu meiner Lebenssituation und meinen individuellen Voraussetzungen passt. Dafür braucht es Transparenz:
Offen darüber zu sein, wie, wann und unter welchen Rahmenbedingungen man am besten arbeitet, sind wichtig, um Empathie füreinander zu stärken und das gemeinsame Arbeitsziel mit dem Privatleben kompatibel zu halten. Auch Veränderungen, die in Teamkonstellationen von statten gehen, sollten gleichermaßen im Team wahrgenommen, angesprochen und bewusst gemeinsam gestaltet werden.
More Good Practices
* Als Führungskraft von vorne rein unterschiedliche Modelle anbieten, die auf die individuellen Lebensumstände passen.
* Empathie füreinander stärken. Verständnis für unterschiedliche Lebenssituation aufbringen.
* Gemeinsam Leitplanken für Kommunikation und Zusammenarbeit als Orientierung erstellen, um der Team-Kultur einen Rahmen zu geben.
* Tipps für die Aufnahme neuer Teammitglieder: Ein proaktives Mentoring und viele Einzelgespräche knüpfen Verbundenheit und Vertrauen. Geduld ist hierbei elementar: Das Kennenlernen im virtuellen Raum mag langsamer gehen, es muss jedoch nicht weniger intensiv sein.
+ Sicherheit und Vertrauen stärken
Neben einer gemeinsamen Ausrichtung mit individuell passgenauen Arbeitsweisen, spielen natürlich Sicherheit und Vertrauen eine große Rolle, um ein Team-Gefühl zu schaffen.
Wie kann Sicherheit entstehen? Ganz allgemein gesagt, fühlen wir uns dann sicher, wenn wir unseren Mitmenschen vertrauen und vertrauen tun wir den Personen, die wir kennen und einschätzen können. Natürlich lernen wir die Menschen, mit denen wir arbeiten auf kurz oder lang auch bei der reinen Zusammenarbeit im Arbeitskontext kennen. Besser und langwieriger wird’s jedoch, wenn’s auch mal persönlich wird: Am schnellsten vertrauen wir übrigens fremden Personen, wenn wir Gemeinsamkeiten feststellen. Auch das kann sich schnell aus Plaudereien ergeben.
Für den Wohlfühl-faktor in der digitalen Arbeitswelt braucht es also – genau wie im Büro – informelle Kommunikation. Die muss online allerdings weit mehr eingeplant werden. Der Best Practice, der sich aus den Realtalks herauskristallisiert hat, waren die Smalltalk Puffer direkt vor oder nach Meetings, bei denen man eh aufeinandertrifft: Kleiner Aufwand, große Wirkung!
Mehr Tipps für informelle Kommunikation:
* Spontane Austauschrunden aufsetzen. Nicht zu geplant, einfach, wenn es die Arbeitssituation erfordert.
* Regelmäßige Retros zur Zusammenarbeit und dabei vermehrt Feedback einholen – beim Feedback geben natürlich das Loben nicht vergessen.
* Digitales Kennenlernen außerhalb des Home Offices: Spaziergänge laden zum Walk and Talk am Telefon ein und eröffnen eine weitere Ebene der Zwischenmenschlichkeit.
+ Stimmung kommunizieren
In der Präsenzkultur fällt es schwer, die eigene Stimmung zu verbalisieren. In der digitalen Welt fällt es vielen noch schwerer. Doch nicht nur die eigenen Gefühle zu kommunizieren, sondern auch die Emotionen und das Befinden der anderen zu deuten, wird schwieriger: Bei asynchroner Kommunikation über Chat oder E-Mails fehlen sofortige Reaktionen oder nonverbale Verständigungen. Im Video-Gespräch vermissen viele wichtige soziale Signale, an denen wir üblicherweise Stimmung festmachen. Das Schmunzeln oder Nickeln, oder auch mal Stirnrunzeln der Kolleg:innen, kann uns bei der besten Videoqualität und Internetverbindung entgehen. Insbesondere dann, wenn in großen Team-Meetings alle Köpfe im kleinsten Format in Galerie-Ansicht gezeigt werden. Auch Körpersprache abseits des Kopfes geht über die Webcam logischerweise verloren und auf bestärkende Zwischenkommentare wie „Ah, ja“ etc. wird in digitalen Räumen zumeist verzichtet, um die Person, die spricht, nicht zu stören.
Und nun geht er los der Teufelskreis: Wenn ich die Stimmung in digitalen Teams generell schwer deuten kann, fällt es mir vermutlich noch schwerer, meine eigenen Gefühle und Emotionen zur Sprache zu bringen. Es ergibt daher Sinn in digitalen Teams die Stimmung explizit deutlich zu machen und sich Leitfäden zu überlegen, wie man im digitalen Raum über Gefühle spricht.
Anregungen für sichtbare Stimmung in der virtuellen Welt:
* Mit Gifs, Emojis und Bildern sprechen. Kann im beruflichen Kontext gewöhnungsbedürftig sein, sich aber durchaus lohnen um insbesondere bei der Kommunikation via Text Mimik und Emotionen zu ersetzen.
* Sprechpausen als Reaktion auf eine gemachte Aussage den Gruselfaktor nehmen und sie stattdessen proaktiv nutzen um Feedback zu erfragen.
* Negative Gefühle akzeptieren und ihnen Raum geben (damit wären wir wieder beim Frust-Kanal), Raum für Retros einplanen, die Gelegenheit und Sicherheit schaffen über eigene Gefühlswelt im Arbeitskontext zu reflektieren.
* Die Bedürfnisse der anderen regelmäßig erfragen und gleichermaßen eigene äußern.
* Richtiges Feedback in Form von gewaltfreier Kommunikation geben.
Am 27 Juli von 9 bis 10.30 findet der nächste Real Talk zu digitaler Zusammenarbeit statt. Wir freuen uns, wenn ihr vorbeischaut und euch mit uns über die verschiedenen Facetten zwischen Homeoffice und Präsenzkultur austauscht. Zur Anmeldung geht’s hier.