Digitale Konfliktkultur – Warum vor allem die kleinen Störgefühle zu einer guten Konfliktkultur beitragen!

Du kennst das doch, oder?

Du liest auf eurer Kollaborationsplattform ein Posting von Kollegin*innen und erkennst darin etwas für dich Kritisches! Doch du scheinst der/die Einzige zu sein oder warum gibt es bisher nur zustimmende Reaktionen. Plötzlich bist du dir deines Störgefühls nicht mehr sicher, du weißt auch nicht so recht, wo und wie du reagieren sollst und die Zeit vergeht. Oh, jetzt werden schon die nächsten Schritte geplant, aber eigentlich willst du gerne nochmals zurück. Was machst du? Nicht nur hypothetisch! Diese oder eine ähnliche Situation hast du bestimmt schon einmal erlebt? Also, was hast du getan?

Für alle, die sich schon in einer solchen Situation befunden haben – ihr seid nicht allein! Für all diejenigen, die ehrlich sagen können, sie hätten sofort ihr Störgefühl formuliert und als Bonus wissen sie auch, dass jedes andere Mitglied ihres Teams, das auch gemacht hätte, freue ich mich ehrlich.

Bleibt hier, lest gerne weiter und vor allem lasst uns an euren Erfahrungen und Lösungsansätzen teilhaben:

Beim MeetUp am 22.9.2020 oder schreibt mir gerne presse@digitale-teams.de

Konflikte entstehen immer dann, wenn Menschen aufeinandertreffen!

Einen Konflikt, eine Uneinigkeit oder ein Störgefühl haben wir, wenn unterschiedliche Interessen, Vorstellungen, Werte, Ziele oder Bedürfnisse aufeinandertreffen. Das passiert täglich. Eigentlich immer dann, wenn Menschen miteinander agieren. Im Privaten genauso wie im Arbeitsleben, analog genauso wie im digitalen Raum.

Digitale Konfliktkultur ist nicht zuletzt durch das Phänomen Hate Speech, das sich vor allem auf die Sozialen Medien bezieht, populär und wichtig geworden. Klar, Netiquetten, Chatregeln, Online-Moderation etc. sind keine Erfindung der letzten Jahre und Konflikte am Arbeitsplatz kein neuartiges Phänomen. Doch digitale Konfliktkultur im Arbeitskontext hat nicht zuletzt durch die Umstellung vieler Organisationen auf eine virtuelle Arbeitsweise in den letzten Monaten an Bedeutung gewonnen. Also lasst uns das Thema angehen!

Gleich vorweg: Konflikte sind gut, so lange sie ausgetragen werden!

Eine andere Vorstellung zu haben, ein anderes Bedürfnis an oberster Stelle zu platzieren oder nicht mit der vorherrschenden Meinung übereinzustimmen, ist eine gute Sache. Und noch besser ist es, dass auch zu formulieren. Das bringt Menschen dazu, sich intensiver mit dem jeweiligen Thema auseinanderzusetzen, es auch aus anderen Blickwinkeln zu betrachten, rauszukommen aus dem eigenen kleinen Umfeld, selbst wenn sich dann herausstellt, dass der/die andere recht hatte. Es geht darum, was der Konflikt bringen kann, sprich die Chancen darin zu sehen! Konflikte fördern Weiterentwicklung und Innovation in Teams. Denn durch das Ausdiskutieren verschiedener Blickwinkel werden Schwachstellen, Kontraproduktives oder nicht Zielführendes sichtbar und durch das austarieren von anderen Lösungen steigt der Innovationsgrad. Mut zu Konflikten ist etwas, dass unbedingt gefördert, ja vielleicht sogar gefordert werden sollte. Denk dabei nicht nur an die großen Konflikte, welche bahnbrechende Entscheidungen oder Konsequenzen nach sich ziehen, sondern an all die vielen kleinen Störgefühle, die du in deinen Projekten oder Teams hast. Sprich sie an, um dein Projekt voranzubringen, um Diversität im Team zu begünstigen und nicht zuletzt, um die Konfliktkultur in deinem Team zu fördern. Denn:

„Konfliktkultur schafft man, indem man Konflikte anspricht, nicht indem man über Konfliktkultur spricht!“ (K. Gerlach, AviloX)

Typisches – gibt es das auch für Konfliktursachen im digitalen Raum!

Gibt es sie, diese typischen Konfliktthemen, die in digitalen Teams immer wieder auftauchen? Ich bin auf Twitter dieser Frage nachgegangen und die Antworten überraschen mich nicht. Aber das müssen sie auch nicht, denn oftmals liegen die Antworten doch ganz nah. Das größte Feld ist schlicht und ergreifend die Kommunikation, worunter auch Unausgesprochenes fällt, weiterhin geht es um Vertrauen und Arbeitsprozesse. Spezifische Themen, die sich ausschließlich auf das Digitale beziehen, scheinen keine Rolle zu spielen. Es sind also Konfliktbereiche, die auch in analogen Teams prägnant sind und für die es gilt, Lösungsansätze im Digitalen zu finden.

Aber ist digital das alles nicht noch komplizierter?

Sagen wir, es ist anders! Konfliktkultur in digitalen Teams unterscheidet sich von der in analogen Teams, weil sich die menschliche Interaktion im virtuellen Raum anders verhält. Wichtige Aspekte wie Mimik, Gestik, Intonation, Atmosphäre, unmittelbare Reaktionen etc. sind weniger stark ausgeprägt oder gleich gar nicht vorhanden. Es ist komplizierter, weil introvertierte Menschen unter Umständen eine noch höhere Hürde überwinden müssen, um sich Gehör zu verschaffen. In jeder Videokonferenz gilt pauschal: Mikro stummschalten, außer du möchtest oder hast etwas zu sagen. Die Hürde, etwas anzusprechen ist damit höher als im analogen Meeting, wo ein Räuspern, ein Murren etc. viel leichter gehört und als Einleitung für eine Gegenrede oder einen Kommentar genutzt werden kann. Wie wäre es also daher mit einem Wort und ein dazu passendes Emoji als eine Art Konfliktanzeiger. So macht es z. B. Zapier, immer wenn das Granatapfel-Emoji in einem Chat oder Thread auftaucht, weiß jede*r sofort, dass es ein Störgefühl gibt. Der Einstieg für eine Diskussion ist damit relativ leichtfüßig gegeben. Im digitalen Raum müssen die Tools so genutzt werden, wie es unseren menschlichen Interaktionen und Arbeitsweisen dienlich sind und wenn das bedeutet, Symbole und Smileys zu benutzen, um bestimmten Regungen Ausdruck zu verleihen, wie wir es im privaten Chat schon fast seit zwei Jahrzehnten tun, warum sollte das nicht auch im Arbeitskontext nutzbar und vor allem förderlich sein?

Die Distanz in digitalen Teams, die mangelnde physische Präsenz, die teilweise fehlende Übermittlung von Emotionen, das fehlende direkte Feedback ob die Nachricht verstanden wurde und Asynchronität erschweren die Interaktion im digitalen Raum. Oder besser, sie verändern die Interaktion, die wir aus dem analogen Raum gewöhnt sind. Denn machen wir uns nichts vor, auch ohne digitale Schnittstelle, fällt es uns oft schwer, dem Gegenüber richtig zuzuhören, sich auf ein Gespräch vollkommen einzulassen oder Reaktionen Aufmerksamkeit zu schenken. Kommunikation und Interaktion sind die treibenden veränderten Merkmale in der digitalen Konfliktkultur.

„Wo Teams einen sicheren Rahmen geben, kann sich auch gut gestritten werden.“ (S. Klein, Neue Narrative)

Ich beobachtete mich und mein Team daraufhin, redete mit Kolleg*innen und stellte fest, dass Sicherheit, Vertrauen und die Beziehungen zueinander eine bedeutende Rolle in diesem Zusammenhang spielen. Je länger man sich kennt, je vertrauter wir uns sind, je unproblematischer Strukturen und Hierarchien sind, umso eher werden Konflikte überhaupt erst formuliert. Bei Digitale Teams haben wir herausgestellt, dass es wichtig ist, Konflikten möglichst früh Raum zu geben, damit sie die Motivation und die Produktivität von Teams nicht beeinflussen. Circa 80% unserer Interviewteilnehmer*innen sahen die regelmäßige Möglichkeit, Probleme anzusprechen als sehr wichtig an. Im Gegensatz dazu gehen das aber nur gut 20 Prozent konsequent an und knapp 50% gaben an, das nur teilweise umzusetzen.

Den einen Königsweg gibt es nicht – aber Good Practices

Wie so oft gibt es sie nicht, die Schablone, die auf alles und jeden passt. Aber es gibt Good Practices. Dinge, die sich bewährt haben, Praktiken, die geholfen haben und in den Teams da draußen angewandt werden. Im Forschungsprojekt Digitale Teams und bei unseren Konsortialpartnern wurden unter anderem folgende Good Practices herausgestellt bzw. etabliert:

  • kontinuierliche Feedbackkultur leben durch regelmäßige Check Ins & Check Outs, Feedback aktiv einholen und aktiv anbieten
  • Störgefühlen Raum geben durch Retrospektiven, Teamcamps
  • Konfliktprävention durch Kommunikationstrainings, regelmäßige Stimmungsbilder oder Teambefragungen
  • Teamvertrauen & Teamsicherheit schaffen und bewahren durch Offenheit und Transparenz in Kommunikation und Prozessen
  • Konflikte austragen, nicht nur die großen, sondern auch kleine Störgefühle zu Gehör bringen
  • den geeigneten Kommunikationskanal wählen, persönliche Konflikte müssen nicht im allgemeinen Teamchat besprochen werden, für arbeitsbezogene Konflikte hingegen ist die zweiseitige Mail-Korrespondenz nicht der richtige Weg
  • synchrone Konfliktbewältigung, dem kann durchaus eine asynchrone Konfliktbeschreibung vorausgegangen sein
  • persönliche Konfliktlösung am besten Angesicht zu Angesicht aber nicht zwingend in physischer Präsenz
  • Diversität & Vielfalt leben, anhand einer gemeinsamen Wertebasis von unterschiedlichen Blickwinkeln, Backgrounds und Erfahrungen der Teammitglieder profitieren

Wir sehen uns Online!

Das alles ist nur ein Anfang. Es gibt noch so viel mehr! Also lasst uns reden, diskutieren und vielleicht auch streiten. Wie steht ihr zum Thema Digitale Konfliktkultur? Wir sehen uns am 22.09.2020 um 19 Uhr zum digitalen REAL TALK. Hier geht es zur Anmeldung

Interessante Artikel zum Thema:

Alles Roger: Don’t Fear The Beast! Wie Uns Konflikte Nutzen Und Was Wertschätzende Kommunikation Damit Zu Tun Hat.

Unter: https://www.allesroger.io/new-work-blog/streitkultur

Neue Narrative: Wie ihr eine konstruktive Streitkultur in eurem Team schafft.

Unter: https://www.neuenarrative.de/magazin/psychologische-sicherheit-eine-konstruktive-streitkultur-im-team-schaffen/

Wirtschaftswoche: Souverän streiten in der Videokonferenz.

Unter: https://www.wiwo.de/podcast/karriereleiter/karriereleiter-souveraen-streiten-in-der-videokonferenz/25802966.html

Zapier: Why remote Work makes disagreement hard – and how to do it anyway.

Unter: https://zapier.com/blog/how-to-disagree-remote-work/